Von Königen und Königinnen

Warum es uns nicht überrascht, dass der Renault Zoe ein Bestseller ist.

Es ist in der Vergangenheit viel darüber spekuliert worden, warum das Elektroauto nicht so richtig zündet. Überlegungen, die mangelhaften Reichweiten könnten ein Kaufhindernis sein, wiesen in die richtige Richtung. Wer will schon ein Auto haben, mit dem man ohne Zwischenstopp noch nicht einmal von Stuttgart nach Frankfurt kommt. Dann das Thema häusliche Steckdose. Keine Garage, kein Strom. Wer die mächtigen Fahrbatterien nicht über Nacht quasi am eigenen Herd laden kann, ist für die E-Auto-Branche als potentieller Kunde zunächst einmal ähnlich werthaltig wie ein Antialkoholiker für die Bierwerbung. Schließlich das Kernproblem Ladesäulen. Man weiß, wo sie sind, aber man weiß ebenfalls, dass auch andere wissen, wo sie sind. Stich- und Zauberwort Verfügbarkeit.

Lange Rede, kurzer Sinn: Solange die nächste freie Steckdose nicht Gewissheit ist, sondern Spekulation bleibt, hat der Traum E-Auto immer auch das Potential zum Alptraum.

Das ist alles so klar wie die Tatsache, dass der Kobold nicht aus Kobalt ist.

Die Industrie weiß Bescheid, die Politik kennt das Thema, und – Überraschung! – der Verbraucher ist ein vernunftbegabtes Wesen.

Was uns zu den vielbesungenen Kunden König und Königin führt, die ihr Geld im richtigen Leben als Lisa Müller und Otto Normalverbraucher in den Wirtschaftskreislauf pumpen. Lisa und Otto geht es gut, meistens jedenfalls. Aber die beiden leben nicht bei Hofe, und sie sind auch sonst keine Krösusse. Ein Auto für 90.000 Euro (Tesla S) oder 70.000 Euro (Mercedes EQC) oder 110.000 Euro (Porsche Taycan mit Buchhalterausstattung) ist für sie so relevant wie ein Penthouse in Manhattan, meistens jedenfalls.

Soll heißen: E-Autos sind teuer, viele sogar sehr teuer.

Dabei zeigt ein Blick in die Zulassungsstatistik, dass das Produkt E-Auto im Prinzip funktioniert, wenn die Grundparameter Praxistauglichkeit und Preis stimmen. Der Renault Zoe zum Beispiel gehört auf dem deutschen Privatkundenmarkt mittlerweile zu den meistverkauften Personenwagen aller Klassen. 3603 Neuzulassungen bedeuteten im September Tabellenplatz vier. Der Zoe ist damit nicht nur der Bestseller im Renault-Personenwagenprogramm, er lässt auch das Gros der Diesel- und Benzinverbrenner aller Marken hinter sich.

Man muss kein Genie sein, um dem Erfolgsgeheimnis des Renault-Elektrorenners auf die Spur zu kommen. Das ist zum einen sein Konzept: Der Zoe ist als Elektroauto konzipiert, seine kompakten Maße prädestinieren ihn für den Einsatz in der Stadt, und seine großzügigen Batteriekapazitäten machen ihn im Bedarfsfall auch fit für die Mittelstrecke. Dann der Preis. Der ist heiß. Die aktuell gültige Kaufprämie von 9000 Euro integriert den Elektro-Renault kalkulatorisch in den regulären Kleinwagen-Markt. Das finden Sparfüchse auch wegen der Folgekosten spannend. Denn bei den Wartungskosten schlägt der simple Elektromotor die ölige und verschleißanfällige Verbrenner-Konkurrenz Inspektion für Inspektion um viele hundert Euro, die sich im Lauf der Haltedauer zu einigen tausend Euro subsummieren.

Das Produkt muss passen, und der Preis muss stimmen: E(s) funktioniert, wenn E(s) den simplen Marktmechanismen folgt.

 

Foto: Renault

 

 

Hugo von Bitz