Mit der Klimadebatte rückt auch die Verkehrspolitik in den Fokus. Hochkonjunktur vor allem für Öko-Populisten. Wir nehmen in einer kleinen Serie die verkehrspolitischen Programme der Bundestagsparteien unter die Lupe. Teil 5: FDP.
Erstaunlich frisch kamen 2017 der Wahlkampf und das Wahlprogramm der FDP daher. Über allem stand das Motto, mehr Chancen als Risiken zu sehen und neue Herausforderungen anzunehmen. „Denken wir neu.“ statt „Das haben wir immer so gemacht.“ hat den Liberalen immerhin 10,7 Prozent der Zweitstimmen gebracht.
Auf den 148 Seiten des Programms folgt dann viel Lyrik anstelle konkreter Positionen. Vielleicht war das der Grund, weshalb die Koalitionsverhandlungen zu „Jamaika“ gescheitert sind und den Bürgern eine neue Große Koalition beschert wurde.
Teil persönlicher Freiheit
Unter der Überschrift „Moderne Mobilität braucht moderne Infrastruktur“ wird Mobilität auf moderner Infrastruktur als Teil persönlicher Freiheit bezeichnet. Jeder soll „ohne Gängelei“ entscheiden, welches Verkehrsmittel er benutzt. Und jeder soll „neue Mobilitätskonzepte“ ausprobieren können. Statt auf die Präferenz bestimmter, gesetzlich vorgegebener Antriebskonzepte setzt die FDP auf Innovation und Technologiefreiheit bei der Umsetzung der Schadstoffreduktion im Autoverkehr.
Zu Recht wird gefordert, dass der Staat dringend einen höheren Anteil der Steuern und Abgaben, die er aus dem Straßenverkehr einnimmt, in intakte Verkehrswege fließen lässt, um Stau und Sanierungsstau zu verhindern.
Transparenz beim Verbandsklagerecht
Als einzige Partei wagt sich die FDP an die Frage heran, welche Probleme das Verbandsklagerecht durch Verzögerungen und Verhinderungen vielfach bewirkt. Sie fordert in diesem Zusammenhang mehr Transparenz.
Weitere Details: Planungsprozesse sollen optimiert werden, die PKW-Maut wird abgelehnt.
Die Netzsparte der Deutschen Bahn AG soll unabhängig werden, Netz und Betrieb sollen getrennt werden, um durch mehr Wettbewerb auf dem Schienennetz zu besserem Angebot zu kommen.
Digitalisierungsoffensive
Im Verkehrswesen soll eine Digitalisierungsoffensive den „Verkehr auf die Überholspur bringen“. Intelligente Verkehrssysteme, Mobilität 4.0 mit vollautomatisiertem und autonomem Fahren, böten große Chancen für selbstbestimmte Mobilität, gesellschaftliche Teilhabe und Attraktivitätssteigerung für den ländlichen Raum. Drohnen seien eine Chance insbesondere für den Rettungseinsatz in ländlichen Gebieten (statt Hubschraubern?). Verkehrssteuerung soll “endlich“ modernisiert werden. Die Liberalen sind für die Zulassung von Lang-LKW und gegen generelles Tempolimit auf Autobahnen und weitere Absenkung der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit (z.B. durch flächendeckende Tempo-30-Zonen).
Mehr ÖPP
Die Kooperation von Staat und Unternehmen in Öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) soll zu mehr Effizienz, Flexibilität und Schnelligkeit bei der Realisierung der Infrastruktur führen.
Interessanter Unterschied zu den Programmen der anderen Parteien, die alles Heil im Zweirad sehen: Weder das E-Bike, noch das Pedelec oder die zwei Typen der Elektroroller und das Radfahren werden im FDP-Programm auch nur mit einem Buchstaben erwähnt.
Die verkehrspolitischen Programme der Bundestagsparteien. Fortsetzung folgt Die Linke.
Der Autor: Dietrich Austermann ist Jurist und CDU-Politiker. Von 1982 bis 2005 war er Mitglied im Deutschen Bundestag, von 2005 bis 2008 gehörte er der Landesregierung Schleswig-Holstein als Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr an.
Schöne heile Welt – oder ein klarer Fall von Theorie und Praxis