Nulltarif im ÖPNV

Mit der Klimadebatte rückt auch die Verkehrspolitik in den Fokus. Hochkonjunktur vor allem für Öko-Populisten. Wir nehmen in einer kleinen Serie die verkehrspolitischen Programme der Bundestagsparteien unter die Lupe. Teil 6: Die Linke.

Wie ein roter Faden ziehen sich zwei Postulate durch das Wahlprogramm der LINKEN zur Bundestagswahl. Da spiegelt sich zum einen die SED/PDS-Vergangenheit wieder. So heißt es zu Beginn des Themenbereiches Mobilität: „Die herrschenden Verkehrsverhältnisse sind ungerecht“, „die Arbeitsbedingungen in der Logistikbranche sind miserabel“, „für Öl werden weltweit Kriege geführt, einheimische Bevölkerungsgruppen vertrieben und ausgebeutet“. Mit anderen Worten: Es braucht mehr Staat und mehr Druck auf die Unternehmen, um zu „sozial gerechten Verkehrsverhältnissen“ zu kommen.

Darüber hinaus wird scheinbar mehr Demokratie versprochen: Bürgerräte sollen in Bund, Land und Stadt die „Verkehrsplanung demokratisieren“. Ungeachtet der Tatsache, dass die LINKE an mehreren Regierungen beteiligt und teilweise federführend ist, heißt es: „Wir beteiligen uns an außerparlamentarischen Protesten.“ Alle direkten und indirekten Privatisierungen werden abgelehnt beziehungsweise rückgängig gemacht. Unternehmen sollen eine Nahverkehrsabgabe zahlen – offen bleibt, wie hoch eine solche Abgabe sein soll und nach welchen Kriterien sie erhoben wird.

Im Einzelnen heißt es im Programm:

  • Die LINKE unterstützt Bürgerinitiativen gegen „zerstörerische Verkehrsprojekte“.
  • Der Bundesverkehrswegeplan wird abgelehnt.
  • Statt neuer Autobahnen sollen Rad- und Fußwege finanziert werden.
  • Die sozialistische Partei will keine PKW-Maut, eine erhöhte LKW-Maut auf allen Straßen, LKW-Fahrverbote ab Freitagnachmittag, keine Erprobung von Hybrid-LKW mit Stromabnehmern, die Abschaffung der Subvention von Diesel, Flugbenzin und „Biokraftstoff“, den Mehrwertsteuersatz für Bahntickets halbieren, das Dienstwagenprivileg „nach ökologischen Kriterien umgestalten“.
  • Die Pendlerpauschale soll in eine „sozial-gerechte“ Mobilitätszulage umgewandelt, frei werdende Mittel in den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gesteckt werden.
  • Die Partei ist für Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen und eine Regelgeschwindigkeit von 30 km/h in Ortschaften.
  • Der Rückbau von Straßen „bei Unterschreitung von Mindestfrequenzen“ soll Praxis werden. Der Bund soll mehr Mittel in den Ausbau des ÖPNV stecken und eine Nahverkehrsabgabe einführen.
  • Taxi-Betrieb soll reguliert, privater verboten werden.
  • Ziel ist der „solidarisch finanzierte Nulltarif im ÖPNV“ für alle (dies haben die Koalitionäre in Bremen der LINKEN gerade ausgeredet, in Hamburg hat der SPD-Bürgermeister dies gerade für Schüler gefordert).
  • Radschnellwege mit grüner Welle in Städten und Ballungsgebieten soll es mit Bundeshilfe geben.
  • E-Lastenfahrräder sollen gefördert werden.
  • Im Bereich der Bahn werden die Halbierung der Trassenpreise, ein Stop von Stuttgart 21 und generell das Verteuern von Transporten postuliert, um die Vorteile der Globalisierung (mehr Wettbewerb, kostengünstige Produktion) zu beenden.
  • Billigflaggen für deutsche Reedereien sollen verboten werden.
  • Ein striktes Nachtflugverbot von 22-6 Uhr und die Ausarbeitung von Flugrouten „in einem demokratischen Verfahren“ sollen Lärm bekämpfen. Eine einheitliche Kerosinsteuer in der EU und die volle Mehrwertsteuer auf Flugtickets sollen Fliegen verteuern.
  • Die CO2-Grenzwerte für Neuwagen in Europa sollen mittelfristig unter 60 Gramm betragen, ab 2030 sollen nur noch PKW mit Null CO2-Emission zugelassen werden. Die Kaufprämie für Elektroautos wird abgelehnt. Der Import von Bio-Kraftstoffen soll verboten werden.

Zusammenfassend kann man über das Programm der LINKEN sagen: Überall mehr Staat, Ignorierung der verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten von Bund und Ländern, neue Abgaben, Druck auf die Unternehmen, weniger Mobilität und die Rückkehr zur Rikscha.

Unser Bild Straßenbahn in Woltersdorf am südöstlichen Stadtrand Berlins. Foto: motorfuture

 

Der Autor: Dietrich Austermann ist Jurist und CDU-Politiker. Von 1982 bis 2005 war er Mitglied im Deutschen Bundestag, von 2005 bis 2008 gehörte er der Landesregierung Schleswig-Holstein als Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr an.

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